Schule im Schloss Unterschüpf Sonderpädagogisches Bildungs- und Beratungszentrum - Förderschwerpunkt Sprache
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In der Schule im Schloss Unterschüpf wird großer Wert auf individuelle Förderung der Kinder gelegt.  

 

 

Der kindliche Spracherwerb ist ein faszinierendes Phänomen. Scheinbar ganz selbstverständlich und mühelos fangen die meisten Kleinkinder damit an, sich das komplizierte Regelsystem ihrer Muttersprache anzueignen.

 

Seit Jahren werden viele Studien durchgeführt, um mehr über das Phänomen "Spracherwerb" zu erfahren. Die Ergebnisse sind verblüffend: Schon Neugeborene bringen erstaunliche Fähigkeiten mit, die für den Erwerb der Sprache von großer Bedeutung sind. In verschiedenen Untersuchungen zeigte sich, dass das Gehör der Kinder im ersten Lebensjahr auf ihre Sprache "programmiert" ist. Anders ausgedrückt: Sie hören aus dem Sprachfluss wichtige Informationen heraus, die uns erwachsenen Hörern verborgen bleiben. Diese Feinheiten wie beispielsweise Tonhöhenunterschiede und Rhythmuswechsel scheinen Kindern zu helfen, das System "Sprache" zu knacken. Die vielen Details des Spracherwerbs sind jedoch noch längst nicht erforscht.

 

Eines aber ist klar: der Spracherwerb verläuft bei jedem Kind individuell. Es gibt dennoch Richtwerte, die helfen können die kindliche Sprache zu beschreiben und einzuordnen. Jedoch sind auch da kleinere zeitliche Verschiebungen möglich.

 

Große Fortschritte

 

Die meisten Kinder beginnen um ihren ersten Geburtstag herum, erste Wörter zu bilden. Im Laufe der folgenden Monate kommen neue Wörter hinzu. Das Kind versteht Aufforderungen und kann bestimmte Gegenstände benennen oder zeigen. Zwischen dem 16. und dem 20. Lebensmonat haben die Kinder bereits einen Wortschatz von 50 bis 200 Wörtern. Nun saugen Kinder neue Begriffe förmlich auf, sie befinden sich im ersten Fragealter ("Des is?" "Das ist eine Blume!").

 

Auch in der Entwicklung der Grammatik machen die Kinder zu dieser Zeit große Fortschritte. Im Alter von 2,5 Jahren werden Zweiwortäußerungen sicher beherrscht, längere Äußerungen werden noch mit Auslassungen gebildet ("Ball Tisch liegt.").

Etwa ab dem dritten Geburtstag können die Kinder Situationen sprachlich umschreiben. Sie können von Dingen sprechen, die sie nicht unmittelbar sehen und können Vergangenheitsformen bilden. Die Auslassungen bei der Satzbildung werden weniger, die Kinder sprechen in komplexen Äußerungen mit Nebensätzen.

 

Ab dem Alter von vier Jahren sprechen die Kinder nahezu fehlerfrei. Gelegentlich kommen noch grammatikalische Unsicherheiten ("Der Ball liegt unter den Tisch.") oder Lautbildungsfehler (beispielsweise Lispeln) vor. Jedoch verläuft bei immer mehr Kindern der Erwerb der Sprache deutlich verlangsamt und in auffälliger Art und Weise.

 

Massive Störungen

 

Wenn ein eingeschränkter Wortschatz zusammen mit Lautbildungsfehlern und grammatischen Fehlbildungen diagnostiziert wird, dann liegt in der Regel eine spezifische Sprachentwicklungsstörung (SSES) vor. Dieser Begriff beschreibt eine massive Störung der Sprachentwicklung, die nicht auf einer anderen Beeinträchtigung wie einer geistigen Behinderung, einer Hörbeeinträchtigung, Autismus etc. beruht (vgl. ICD-10der WHO).

 

Kinder mit einer spezifischen Sprachentwicklungsstörung beginnen spät mit der Bildung erster Wörter, obwohl sie sich sonst - motorisch, geistig, emotional, sensorisch - unauffällig entwickeln. Der Erwerb neuer Wörter geht langsam voran. Nach zwei Jahren sprechen Kinder mit SSES noch keine 50 Wörter. Ein- und Zweiwortsätze sind die Regel, die Sprachentwicklung scheint erst Mitte des dritten Lebensjahres langsam - und fehlerhaft- einzusetzen. Grammatische Strukturen sind erst sehr spät erkennbar.

Oftmals sind Plateaubildungen innerhalb des Spracherwerbs beobachtbar, Phasen, in denen die sprachliche Entwicklung scheinbar stillzustehen scheint.

 

15 bis 25 Prozent aller Kinder im Vorschulalter gelten heute als sprachlich auffällig. Nicht selten setzt sich die beeinträchtigte sprachliche Entwicklung später im Schriftspracherwerb fort.

 

Innerhalb der Aussprache von Wörtern finden sich im Groben drei Arten von Fehlbildungen:

Zunächst einmal kann ein Laut (pinne statt Spinne) oder eine ganze Silbe (nane statt Banane) ausgelassen werden. Häufig kommt es auch zu einer Fehlbildung von Lauten (beispielsweise das bekannte "Lispeln", hier wird die Zunge bei der Bildung des "s" zwischen die Zähne gebracht oder stößt vorne an die Zähne). Sehr häufig finden sich Ersetzungen von Lauten durch andere Laute wie T durch K oder D durch G ("Tut, da tommt der tantenwaden").

 

Bezogen auf den Wortschatz fehlen häufig Wörter, teilweise ist der schnelle Zugriff nicht möglich (Wortfindungsstörungen), oder es kommt - auch auf dieser Sprachebene - zu Ersetzungen. Ersetzt wird beispielsweise durch Begriffe aus demselben semantischen Feld ("Schaukel" statt "Wippe") oder auch durch Umschreibungen ("Topf mit Löcher drin" statt "Sieb").

 

Ernstzunehmende Hinweise

 

Sollte es einem vierjährigen Kind schwer fallen, Tunwörter im Satz an richtiger Stelle zu verwenden und korrekt zu formen, so ist dies ein ernstzunehmender Hinweis auf eine Störung in der grammatischen Entwicklung ("Bub jetzt nach Hause laufen." "Die Mama kochen Essen"). Kindern mit SSES bereiten in der Regel auch der Gebrauch von Artikeln und Präpositionen sowie die Mehrzahlbildung Probleme.

 

Schließlich kann übergeordnet der Sprachgebrauch an sich beeinträchtigt sein. Die Kinder können ihre Bedürfnisse nicht verstehbar ausdrücken, Zusammenhänge nicht nachvollziehbar schildern.

 

Myofunktionelle Störungen

 

Sehr häufig beobachtet man auch sogenannte myofunktionelle Störungen bei Kindern, die auf dem Beibehalten des kleinkindlichen Schluckmusters beruhen. Anzeichen hierfür sind ein in Ruhe offener Mund (oft mit hängender Zunge), feuchte, rissige Unterlippen, Speichel in den Mundwinkeln und Zahnfehlstellungen aufgrund des falschen Schluckmusters. Nicht selten gehören Lautbildungsfehler zur Symptomatik.

 

Das Gespräch suchen

 

Was sollen die Eltern nun tun, wenn sie in diesen Beschreibungen ihr Kind wieder entdecken? Viel zu oft hört man doch die Äußerungen "Er ist doch ein Junge, der braucht ein bisschen länger" oder "Man muss Geduld haben, das wächst sich schon aus!".

Es muss ganz klar betont werden: die wenigsten Sprachauffälligkeiten "wachsen sich aus". Zumindest nicht ohne Förderung und Unterstützung durch Fachkräfte und die Eltern. Wenn Eltern also den Verdacht haben, dass die Sprache ihres Kindes in irgendeiner Art auffällig zu sein scheint, sollten sie das Gespräch mit Fachleuten suchen.

Ansprechpartner sind der Kinderarzt, die Erzieherinnen im Kindergarten und sonderpädagogische Beratungsstellen. 

 

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